Rennbericht Challange Venice - Ironman Distanz

Jedes Rennen schreibt immer eine ganz neue Geschichte. Und das ist gut so, denn nicht nur die größten Erfolge bleiben in Erinnerung, sondern auch die spannendsten Stories. Als "geschichtsträchtig" wird auf alle Fälle die Challange Venice 2016 zu verbuchen sein. Nicht nur weil dieser Triathlon über die Langdistanz zum ersten Mal im Weltkulturerbe Venedig stattgefunden hat, sondern auch weil es ein ganz besonderes Rennen war. Aber starten wir mal quasi ganz am Anfang. 2009 bei meinem letzten Antreten über die Ironmandistanz musste ich ja auf Grund eines unglücklichen Zusammenstoß mit einem Anriss des vorderen Kreuzbandes (danke lieber kleiner Italiener der in mich hineingetorkelt ist) 10km vor dem Ziel aufgeben. Eine brutale Erfahrung, die nur noch durch die gesundheitlichen Probleme des Jahres 2010 getoppt wurden. Im Nachhinein betrachtet jedoch (fast) das beste das mir passieren konnte, da ich Zeit genug erhalten habe, um mich gewissenhaft mit der eigenen Gesundheit und der eigenen konsequenten Trainingsplanung zu beschäftigen. Der Rest ist ja von meinem Projekten bekannt. Jetzt hieß es noch mich mit der Ironman Distanz zu versöhnen. Da ich in Klagenfurt zumeist im Arbeitseinsatz bin, machte ich mich auf die Suche nach einem Ersatz. Es sollte etwas ganz Besonderes sein: CHALLANGE VENICE! Meerwasser, flache Strecke, wahrscheinlich Hitze; UND: Italien! So könnte ich mich für den Ironman Kärnten rehabilitieren. Und dann habe ich noch das Promotion Video gesehen. Gänsehaut pur. Also Jahresplanung gechecked und es war um mich wieder einmal geschehen. Das TRI- Fieber hat mich gepackt. Am 5.6. hieß es dann um 03:30 Tagwache. Warum so früh? Nun Venedig ist eine Insel und da muss man irgentwie hin, vor allem wenn die Wechselzonen vis a vis in Mestre liegen (hätte mich auch gewundert wenn man direkt durch Venedig laufen dürfte). Also mit dem Shuttle Service um 04:30 ab in die Lagunenstadt. Nach einem kleinen Spaziergang durch die Gassen (da sieht man halt relativ wenig mitten in der Nacht) erreicht man die Universität (gibt es hier auch ja) wo der Schwimmstart erfolgen sollte. Ich bin noch nie im Meerwasser (außer beim Baden im Urlaub) geschwommen. Schon gar nicht um 06:30. THRILL! Der sollte nicht unbedingt weniger werden als ich eine der Profi- Damen heulend in den Armen eines Betreuers sehe. Na klasse. Die haut die Nerven hin und ich stehe hier das erste Mal seit 6 Jahren und soll jetzt da rein? Da sehe ich, dass sich die Dame am Fuß verletzt hat. Die gesamte Ferse aufgeschlitzt. Wie kann das passieren. Nun das sollte ich gleich merken. Die Helfer lassen uns nur langsam ins Wasser, da dieses hier nur hüfthoch reicht und natürlich der Untergrund kein Lignano Sandstrand ist. Autsch. Auch mich hat erwischt. Brutales Brennen am Zehen. Und das 2 min vor dem Start. Gott sei Dank ist das Adrenalin schon hoch genug und ignoriere die Schmerze. Tre, due, uno! Los geht es. Die ersten 1000m sind erstaunlich sauber. Keine Quallen, keine Algen. Na da haben wieder alle umsonst ihre Senf (zum Kanal) dazugegeben. Nach rund 20min jedoch fängt es dann plötzlich doch an zu stinken. Und das Wasser hat eine nicht sehr einladende braune Farbe. Na toll. SCHEI?E. Genau. Und das folgt nun so alle paar hundert Meter. Konzentriert bleiben und ja keinen Atemfehler! Gibt es noch die Ruhr? Nach einer knappen Stunde Fäkalienswim ist das Ende endlich im Ziel. Was ist jetzt los? ich stoße mit den Armen immer wieder auf etwas unter mir. Algen? Nein, kein Wasser mehr. Das gibt es doch nicht. Da sind tatsächlich nur noch gute 60cm Wasser bis zum Boden. Wie soll ich die letzten 400m kraulen mit meinen langen Armen. Und der Dreck hier! Der einzige Trost:. ist für alle gleich! Also durchgewühlt. Kostet mir zwar richtig Zeit doch was soll es. Endlich werde ich aus dem Wasser gehoben, Richtig: hier gibt es keine Rampe, sondern man wird aus dem Wasser "gerissen". Nun wartet die nächste Challange: 500m mit Anzug zur Wechselzone. Ist nicht kurz! Aber mit dem Laufen habe ich ja Gott sei Dank kein Problem. Jetzt heißt es noch die ersten 5 Kilometer Zick- Zack- Kurs ohne Sturz am Rad überstehen und dann kann es losrollen. Geht auch erstaunlich gut. Nach ca. 15km ist man aus der Stadt. Und er Wind ist da. Wahnsinn. Immer Gegenwind. Aber das konnte ich ja heuer genügend trainiern *grins. Doch etwas passt nicht, ich komme nicht wirklich vom Fleck. Bin ich wirklich so langsam? Wendezone 1 nach 40km. Ups, da hätte es mich fast auf die Schn..ze gehaut. Jetzt merke ich was los ist: fast keine Luft mehr vorne. Also nicht nur flat race, sondern auch flat tyre. Da laut Racebriefing top Straßenbedingungen, sowie kleiner "tecnical support" an den beiden Labestationen angekündigt wurden, habe ich natürlich ein wenig Gewicht eingespart und Wechselschlauch und Pumpe in der Wechselzone gelassen.GRRR. Durchhalten. Bis zur nächsten Labe wird schon gehen. Die Oschis brennen. Labe erreicht: kein Support. Shit. Schaffe ich es noch einmal knapp 30k? Der Gegenwind wird auch nicht weniger. Das gibt es doch nicht oder? Wind in beide Richtungen. Klar kommt doch vom Meer und weht gerade landeinwärts. Also kein Verschnaufen. Labe 2! Wieder kein Mechaniker. Der Reifen ist so gut wie platt. Was tun? Ich halte Ausschau nach Zusehern mit Rädern. Endlich, ca. 10km nach der Labe entdecke ich einen "Rider". " Help! Problems with airpressure!" und ein Wunder: er versteht mich und hat sogar eine Repairkartusche mit! Fremde Hilfe ist zwas nicht erlaubt, aber in dem Fall hat es mein Rennen gerettet. Die Aufholjagd kann beginnen. Doch das ist einfacher als gesagt, vor allem da der Wind immer stärker wird. Nach rund 160km weiß ich, dass ich mein persönlich gestecktes Ziel nicht mehr erreichen werde. Frustration macht sich breit. So lange ich am Rad sitze geht es ja noch so einigermaßen, aber nach der Wechselzone zwei auf der Laufstrecke, schlägt der Mann mit dem Hammer richtig zu: ich habe keinen Bock mehr! Die ersten 10,5km werden zur Qual. 55min. so lange habe ich die letzten 15 Jahre nicht für diese Strecke benötigt; ich brauche ein neues Ziel. Gott sei Dank sind meine Babies als Betreuer vor Ort. Also neue Taktik: ich bleibe pro Runde zwei mal kurz stehen. Einmal bei der Labe und einmal bei der Übergabe der Wristbands für die nächste Runde. Na geht doch: ein 5er Schnitt, teilweise ein 4:30er ist noch im geschundenen Körper drin Dann Kilometer 35. Bumms. Noch einmal der Hammer. Ich muss aufs Klo. Jetzt reichts aber, war aber notwendig. Denn nach dem Toi- Toi geht es noch einmal gut und endlich kann ich nach 10:55min als 184ter (nach dem Rad nur 348ter)  meine Lieben in die Arme schließen. Die Versöhnung mit der Ironman - Distanz ist geglückt! SUPER! Jetzt kann es dann die geplante Zeit gehen ! Ach ja: was vergessen: das Brennen am Zehen: linker Zehe komplett aufgeschnitten vom Nagel bis zum Großgrundgelenk und zweiter, dritter Zehen mit mehreren kleinen Schnitten übersäht. Gott sei Dank keine Entzündung! Ein Hoch auf die Schmerzresistenz durch die Ultraläufe!  Ich sag ja: jedes Rennen hat seine Geschichte! SPORT IS LIFE!